Überschaubares Lampenfieber
In meiner recht kurzen Zeit als Hobby-Triathlet waren Mitteldistanzen bisher immer mein Saison-Höhepunkt. Dementsprechend ist auch die Aufregung und Motivation davor auf dem Höhepunkt. Dieses Jahr ist es ganz anders. Ich bin bis kurz vor dem Start recht gelassen. Schließlich ist es nur ein Test, der gut in den Trainingsplan passt, 7 Wochen vor dem sportlichen Highlight des Jahres 2019, der Challenge Roth.
Ein wenig Sorge macht mir das Schwimmen im Neckar. Bei meiner ersten Mitteldistanz, 2016 ebenfalls in Heilbronn, wurde aus dem Tri- ein Duathlon. Ursache war die schlechte Wasserqualität, damals verursacht durch schlimme Hochwasser. Dieses Jahr ist der Knackpunkt die Wassertemperatur. Wegen des frühen Termins der Veranstaltung liegt sie lange Zeit noch im unteren Grenzbereich des Zulässigen, ist letzten Endes aber ausreichend und offiziell > 14°C.
Ein persönlicher Schicksalsschlag in der Woche warf die gesamte Zeitplanung für Samstag und Sonntag durcheinander. Aber der Veranstalter (danke!) ermöglichte mir trotzdem den Start durch die – eigentlich nicht mögliche – Nachbuchung eines Late-Check-Ins am Sonntag morgen und ein Teamkollege, holte mit einer Vollmacht ausgestattet am Samstag meine Unterlagen ab.
Challenge Heilbronn Raceday
Der Wecker klingelt um 5 Uhr. Pre-Race Routine. Kaffee. Brötchen. Alle Beutel sind bereits am Vorabend gepackt und doppelt gecheckt. Self-Made Gel in der Konzentration für Roth in der Flasche. Rad ins Auto und los geht’s. Parken ist zu dieser Zeit noch easy, im Parkhaus der Experimenta gibt es viel Platz. Rad einchecken. Wechselzone anschauen und vorbereiten. Die Wege sind sehr lang und eng und wohl der gleichzeitig in Heilbronn stattfindenden Bundesgartenschau geschuldet. Ein stilles Örtchen suchen, finden und aufsuchen. Den Start der olympischen Distanz verfolgen. Richtung Schwimmstart gehen. Neo anziehen, Badekappe, Schwimmbrille, Badekappe…
Eiskalt und schmerzhaft – Schwimmen im Neckar
In Heilbronn gibt es einen Rolling Start. Alle 5 Sekunden springen 6 Athleten von der Plattform in den Neckar. Das Wasser ist eiskalt. Die Füße schmerzen. Die Hände auch. Und das Gesicht erst. Ist Wasserballkraul vielleicht eine gute Idee um wenigstens das Gesicht von dem kalten Wasser fern zu halten? Oder Brust? Ich verwerfe alles und versuche damit klar zu kommen. Irgendwie. Erst sehr spät und nur für kurze Zeit komme ich in einen halbwegs soliden Schlwimmrhythmus, das meiste ist kreuz und quer, entweder schwimme ich in jemanden rein oder jemand in mich, jemand schwimmt auf mich auf oder ich auf jemand anderen… das macht heute gar keinen Spaß und zieht sich ewig. Das zeigt auch die Zeit von >34 Minuten für die 1,9 km mit der ich nur im Vergleich zu den anderen Startern halbwegs zufrieden sein kann.
Ganz großartig sind die Helfer des Triathlons beim Schwimmausstieg. Danke!
Der Gesichtsausdruck während ich über die Brücke in die Wechselzone laufe verrät meinen Gefühlszustand nach dem Schwimmen sehr gut. Freude ist zu diesem Zeitpunkt nicht dabei…
Und dann geht es in diese ewig lange Wechselzone. Barfuß auf dem Asphalt mit eiskalten Fußsohlen. Das ist nicht schön. Der Wechsel wird dementsprechend langsam – ich bekomme die Füße nicht warm, die Socken auch nach dem abtrocknen (What?) nicht richtig angezogen und hoffe, dass es nun besser wird.
Höhen und Tiefen auf dem Rad im Stromberg-Heuchelberg
Aber auch auf dem Rad habe ich die ersten neunzig Minuten zu kämpfen, komme auf der anspruchsvollen ersten Hälfte nicht wirklich gut in einen Takt und fahre recht ungleichmäßig obwohl eben das im Hinblick auf Roth mein Trainings-Ziel für diesen Tag ist. Ansonsten ist die Strecke toll, auch wenn ich sie nur ein Mal vorher abgefahren bin. Natürlich ohne die Passage auf der Bundesstraße. Die Gel-Mischung bekomme ich planmäßig leer, allerdings habe ich am Anfang kein Wasser dabei – keine gute Idee. Das muss ich am 7. Juli auf jeden Fall anders lösen. Ab Eppingen geht es auf die Bundesstraße und hier läuft es – die Beine sind gut und das Pacing klappt. Bergauf kann ich kontrolliert heraus nehmen und bergab Druck machen, so dass auch der Kilometerschnitt gut nach oben gezogen wird und ich nach 2:32 auf dem Rad das zweite Mal in die Wechselzone komme.
Nur noch Laufen
Los geht es auf eine Schleife, die mit ihren 7 Kilometern 3 mal durchlaufen werden muss. Der erste Kilometer ist etwas zu schnell, aber nicht gravierend und bereits bei Kilometer 3 habe ich mich auf einem stabilen Puls eingependelt den ich – meines Erachtens – über die gesamte Strecke halten können sollte. Und so laufe ich, nehme hin und wieder Verpflegung, werde von meiner Frau, der besten Unterstützung welche ich mir nur vorstellen kann, angefeuert und ziehe mein Tempo durch.
Je näher ich dem Ziel komme wächst einerseits die Freude, dass ich es wohl wirklich durchziehen kann und ebenso die Furcht, ob ich es doch irgendwie verschätzt habe.
Und dann darf ich endlich rechts abbiegen Richtung Zielbereich. Nach einem Halbmarathon in 1:30… das heute ist meine erste Mitteldistanz mit einem sehr guten, beinahe hervorragenden abschließenden Lauf. Das habe ich weder in Heilbronn ’16 noch beim 70.3 Kraichgau ’17 oder Chiemsee ’18 geschafft und hängt natürlich auch von dem richtigen Pacing auf dem Rad ab. Aus dieser Perspektive ist das Rennen nach einer schlechten ersten Disziplin und einem langsamen ersten Wechsel sowie durchwachsenen Start auf dem Rad immer besser geworden, so dass es im Ziel mein bisher vermutlich bestes Rennen ist.
Zwischenziel erreicht
Mit einer Zielzeit von knapp über 4:45 und Platz 131/866 bei den Männern (die Challenge Heilbronn war ja auch gleichzeitig die deutsche Meisterschaft über die Mitteldistanz) und als 25/136 in meiner AK bin ich sehr zufrieden.
Für Roth hat mir der Wettkampf in Heilbronn gezeigt, dass ich Zeit für das Schwimmen investieren muss um ein besseres Wassergefühl zu haben und ich mich in der ersten und zweiten Stunde auf dem Rad und beim Laufen nicht verrückt machen darf…
So weit, so gut.
Auch wenn es „nur“ Training war. Spitze!
Ich denk in Roth wird es klappen da du deine Schwachstellen doch ganz gut kennst und dich eben auch nicht verrückt machen lässt!
Hallo Markus,
schön von Dir zu lesen! Mitteldistanzen sind für mich mittlerweile halt kein unbekanntes Terrain mehr, die Langdistanz schon – deswegen gibt es dort noch viel mehr Unsicherheit und das Risiko Fehler zu machen…
OMG, Triathlon! Nix für mich: ich habe Angst, beim Schwimmen von anderen unter Wasser gedrückt zu werden… Umso mehr bewundere ich alle Menschen, die sich diesen Herausforderungen stellen: Respekt, Respekt, der Herr. Und Danke fürs Mitnehmen und die beeindruckenden Fotos!