Auch wenn der Bericht meines Mitteldistanzdebüts beim IM70.3 Kraichgau 2017 noch aussteht kommt nun mein Fazit zur Mitteldistanz 2018 in Chiming am Chiemsee.
Die Rahmenbedingungen: Zwei Kilometer Schwimmen im Chiemsee. Massenstart mit knapp 300 Personen. Etwas über 80km auf dem Rad mit flachen 800 Höhenmetern, verteilt auf zwei Runden. Abschließend 20 Kilometer Laufen, verteilt auf 4 Runden mit einem nicht wirklich flachen Profil.
Die Vorbereitung: Mit einer neuen PB auf der Halbmarathon-Distanz im Frühjahr und einem Urlaub auf Mallorca mit einigen Trainingsrunden auf dem Rennrad im April ganz gut. Nicht ganz so optimal dann die letzten Wochen vor dem Wettkampf – die Hauptmesse in Frankfurt zwei Wochen davor, zusätzlich der Aufbau und was organisatorisch im Büro noch dazu kommt. In den entscheidenden Wochen war ein strukturiertes Training also nicht mehr möglich.
Das Rennen: Die Befürchtung während der Tage davor ist, dass es zu kalt werden könnte. Aber schon Samstags beim CheckIn wird deutlich: Das ist optimales Wettkampfwetter. Dann Wettkampfbesprechung und folgende Pastaparty. Richtig leckere vegetarische Pasta. Sehr sehr gut. Abends noch das Fußball-WM-Spiel zwischen Deutschland und Schweden angeschaut und danach noch die Wechselbeutel packen. Sonntags früh zwei Brötchen und Kaffee zum Frühstück und ab zum See. In die Wechselzone. Nochmals das Rad checken, die Beutel aufhängen, die Wege und Plätze einprägen und dann mit Neo zum Start beim Strandbad . Kurz einschwimmen. Spannung und Vorfreude und die Frage, was an diesem Tag möglich ist.
Startschuss für die Frauen fällt um 9:00 Uhr. Der Startschuss für die Männer um 9:05 Uhr.
Micht interessiert dabei ob diese Reihenfolge – Start der Frauen vor den Männern – im Interesse der Frauen ist . Von den Zeiten bin selbst ich auf das halbe Frauenfeld aufgeschwommen bzw. habe diese überholt – und vor mir waren noch gut über 100 weitere Männer.
Meine Hoffnung ist, dass sich nach ein paar hunder Meter das Feld der knapp 300 Starter gefunden hat und ein gutes Schwimmen möglich ist. Diese wird enttäuscht. Selbst nach der zweiten Wende bei ca. 1300m ist es noch ein einziges Chaos. So bin ich froh, dass ich nach 35:20 die 2000m hinter mir habe – spekuliert hatte ich auf eine Zeit zwischen 33 und 34 Minuten.
Nachtrag: Bisher war ich der Meinung, dass die Schwimmzeit den äußeren Einflüssen des Wettkampfes geschuldet war. Nun, 3 Wochen später, muss ich mir eingestehen: Ich habe das Schwimmen dieses Jahr vernachlässigt und mich zu sehr auf meine Fortschritte und Erfolge aus dem letzten Jahr verlassen. Im Training wurde mir diese Woche ganz klar gezeigt, welche Defizite ich bei meiner Kraultechnik – wieder – habe. Das wirkt sich definitiv deutlich auf meine Schwimmleistung aus. Nicht, dass ich jemals ein Spitzenschwimmer war, aber auf jeden Fall war ich bereits auf einem besseren Niveau als es aktuell der Fall ist.
Dafür läuft der erste Wechsel richtig gut und es geht aufs Rad. Nur zu Beginn gibt es eine kleine Rudelbildung und es ist schwierig eine ausreichend große Windschattenbox einzuhalten, aber nach wenigen Kilometern verteilen sich die Triathleten ganz gut. Bewusst fahre ich am Limit, zeitweise sogar etwas darüber und mache – für meine Verhältnisse – richtig Krawall auf meinem Felt. Das ich auf der Laufstrecke dafür bezahlen werde ist mir bewusst und – in diesem Moment – egal. Ein guter Radsplit ist doch auch etwas. Die Strecke hat etwas über 82 Kilometer und zwischen 800 bis 900 Höhenmeter. Diese sind gut verteilt, es gibt keine richtig brutalen Anstiege, dafür immer wieder kurze steile Rampen oder langgezogene Wellen. Nur am Ende wird es zäh. Mit einer Radzeit von 2:22 und einer Durchschnittspace von knapp 35 km/h bin ich sehr zufrieden.
Auch der zweite Wechsel gelingt sehr gut. Da beim Triathlon immer die Gefahr besteht, den bzw. die ersten Kilometer viel zu schnell angehen bremse ich zu Beginn . Trotzdem merke ich, was ich vorher schon wusste: Für meine Beine war dieser Radsplit zu schnell. Nun heißt es nur noch irgendwie ins Ziel kommen. Die Laufrunde ist 5 km lang und muss vier Mal absolviert werden. Sie verläuft entlang des Sees, durch ein kurzes Waldstück mit einer kurzen fiesen Rampe und einem Campingplatz in der Mitte bevor es an der Schützinger Bucht rechts ab auf befestigte Wege und die offenen Felder zurück geht. In Stöttham ist ein Verpflegungsstation („Cola, Wasser, Iso – Trink Wasser, Iso schmeckt nicht und Cola ist ungesund“) bevor es wieder nach Chieming Richtung Wendepunkt geht. Hier gibt es dann auch das Rundenband bevor es entweder links ab in die nächste Runde oder – nach vier Runden – rechts ins Ziel geht. Das Streckenprofil und die Vorbelastung vom Rad lassen mich heute beim Laufen leiden. So richtig. Ich rechne damit, dass mich früher oder später ein Teamkollege locker überläuft und halte Ausschau nach anderen Triathleten die in der gleichen Runde wie ich sind da es durch den Massenstart hier definitiv um Platzierungen geht.
Nach 4 Stunden und 39 Minuten hole ich mir das letzte Bändchen ab und darf rechts abbiegen. Auf den letzten Metern bekommt man für den Zieleinlauf ein einheimisches Kind in traditioneller Tracht an die Hand und bei schönstem Wetter und angenehmen Temperaturen finishe ich diese verkürzte Mitteldistanz in 4:39:46. Das ist bei den Männern Platz 77 / 275 – nur 1 Minute und 10 Sekunden schneller hätte 8 Plätze ausgemacht… ärgerlich, weil das mit einem anderen Pacing sicher möglich gewesen wäre – aber egal, der Radsplit war meine Entscheidung und die anderen Athleten vor mir waren einfach besser beziehungsweise haben Ihre Leistung besser abgerufen.
Schwimmzeit von 35:20, Wechsel 1 in 3:15, Radzeit von 2:21:50, Wechsel 2 in 1:25 und Laufzeit von 1:37:53.
Ich gehe zu meiner Frau die am Zielgitter auf mich wartet und hole mir erstmal meinen verdienten Finisher-Kuss ab. Dann sage ich Ihr: „Nächstes Jahr werde ich keine Langdistanz machen. Das ist zu hart. Dafür bin ich noch nicht weit genug.“ Das irritiert sie – zu Recht. Hatten wir doch genau darüber schon länger gesprochen und Sie ist bereit mich bei diesem Traum auf einer Langdistanz zu starten zu unterstützen. Nach einigen Minuten kommen auch meine Teamkollegen ins Ziel die auch beide tolle Rennen hingelegt haben und es geht in den Finishers Heaven. Bei der ganzen Veranstaltung der einzige Wehrmutstropfen: Die Verpflegung ist recht überschaubar.
Mit etwas Abstand relativiert sich meine Einschätzung was die Leistung an diesem Tag angeht. Meine Frau und Freunde reden mir gut zu. Acht Tage später sitze ich früh morgens nach einer nächtlichen Autofahrt für Stunden in einer Menschenschlange und sichere mir einen Zettel mit einem Registrierungscode. Damit ist das Highlight für 2019 festgemacht. Wenn alles wie geplant läuft wird für mich der 7. Juli der längste Tag des Jahres. Nun gibt es kein zurück.
Mein Fazit zum Chiemsee-Triathlon: Tolle Mitteldistanz zu einem sehr fairen Preis. Ein Hoodie von Puma und leider keine Finisher-Medaille (wobei es dazu ja unterschiedlichste Meinungen gibt). Tolle Stimmung und Helfer an der Strecke. Ich habe noch nicht viel erlebt, aber die Helfer waren mit so viel Leidenschaft dabei, für mich aus diesem Aspekt ein besserer Wettkampf als die Challenge Heilbronn 2016, Ironman 70.3 Kraichgau 2017 oder Ingolstadt Triathlon 2017. Das ist die helle Freude wie die Helfer da mit abgehen.
Der See, das Wasser und die Streckenführung ist toll, ob Massen- oder Rolling-Start ist Geschmackssache. Die Radstrecke ist viel flacher als man für die Gegend erwarten würde, allerdings durch manche Kurven und Wellen keine so brutale Drückerstrecke wie man erhoffen könnte. Allerdings auch nicht so Gebirgig wie man es im Voralpen-Land vielleicht erwarten und sogar recht einfach machen könnte. Bei mir gab es kein Windschattenfahren bzw. konnte ich dieses sehr gut vermeiden. Hinten war dies wohl anders und auf der gesamten Radstrecke habe ich leider maximal ein einziges Mal einen Kampfrichter gesehen. Die Laufstrecke bietet ein wirklich knackiges Profil (ich hätte eine flache Strecke klar bevorzugt) mit einem super Stimmungsnest beim Zielbereich und unglaublich tollen Helfern an der Strecke. Einziger großer Minuspunkt ist das Essen im Finishers Heaven. Lieber nochmal 5€ oder 10€ mehr verlangen und dann z.B. wie in Ingolstadt Kaiserschmarrn mit Apfelmus und weitere Köstlichkeiten anbieten.
Ansonsten: Gerne mal wieder!