Wenn es Abend wird

ist es auch nach warmen Sommertagen vollkommen in Ordnung noch einmal eine runde Joggen zu gehen. Falls man es morgens nicht schon geschafft hat. Mittags wäre es mir jedenfalls zu warm. Solche Dinge sind fahrlässig.

Am Dienstag hat es mich gelockt, noch einmal raus in die Natur, eine schöne Strecke rund um meinen Ort laufen. Um 20 Uhr das Haus verlassen – noch vor der Tagesschau. Früher hätten Studenten sich wenigstens noch gebildet bevor sie Sport gemacht haben. Heute lesen wir alles im Internet. Zeiten ändern sich. Also Pulsuhr angelegt um ja in einem entspannten Bereich zu laufen, Handy genommen und die Anwendung Smartrunner aktiviert – leider hat sie nicht funktioniert, kein GPS Signal – und wieder deaktiviert. Naja, wenigstens das Handy dabei wenn irgendetwas wäre. Im Wald war es einfach toll. Der Geruch vom Sommer und meine Ruhe, angenehme Wege. Perfekt. Mal ein wenig hoch, dann erstmal ein längeres Stückchen runter und wieder hoch. Und so weiter. Die Aussicht ins Tal ist der Hammer, ich komme an einer Bank vorbei an welcher ich letztens mit einem guten Freund Stundenlang gesessen bin. Ein Bierchen trinken, (leider noch) ein Kippchen rauchen und die Zeit genießen. Das ist Lebensqualität. Heute ist aber nichts mit hinsitzen. Ich laufe weiter. Erinnere mich daran wie ich diese Route die ersten Male gelaufen bin. Sie als total übel empfunden habe – und es nun genieße. Verrückt. Obwohl ich es genieße merke ich sehr wohl das in letzter Zeit nur noch selten mehr wie 10 Kilometer unterwegs war. Nach circa 20 Minuten (und vielleicht 3,5 Kilometern oder so) überlege ich mir nämlich schon wie schön es wäre bald daheim zu sein. Aber nein, ich Jogge weiter. Meine Laufschuhe sollen heute schon noch ä bissle Dreck und Kilometer fressen. Nun habe ich die Wahl – rechts steil den Berg hoch (Richtung zuhause) oder geradeaus einen sehr großen Bogen laufen (der aber nicht sonderlich spektakulär ist). Ich biege Rechts ab. Die Steigung konnte ich bis jetzt noch nie hochjoggen. Zwar ist es einige Wochen her aber jedes Mal haben diese 200 oder 300 Meter mir den Atem geraubt und mein Herz zum springen gemacht. Langsam, Tippelschritte geht es hoch aber immer am Joggen. Hmm so langsam wird es hart aber ich komme hoch. Ohne Pause. Klar, der Puls ist bei 170 (jenseits von Gut und Böse für eine Ausdauereinheit) aber egal. Angekommen. Geradeaus ist es 1 Kilometer bis zuhause. Links ab geht es weiter. Also links ab. Um den Ort, ganz hoch. Wieder eine Bank. Erinnerungen. Sehr nice. Toller Ausblick. Ganz genau Richtung Osten liegt unsere Landeshauptstadt Stuttgart. Als der Blick etwas nach links schweift fällt ein Aussichtsturm ins Auge. Eine Erinnerung an den Jahrhundersturm Lothar welcher ganze Waldstücke zerstört hat. Auch ein schönes Laufziel. Anstrengend aber mit einer Aussicht die für vieles belohnt. Irgendwann einmal.
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Die nächsten Kilometer verlaufen sehr, sehr Ereignislos. Bis irgendetwas graues etwa zwanzig Meter vor mir über die Straße trottet. Ein Wildschwein. Juhu. Die Viecher sind ja so gesellig das man sich auch keine Sorgen machen muss als ob da etwas passieren könnte. Wer die Ironie findet kennt Wildschweine. Die Tiere können wirklich unfreundlich werden. Ich habe einen riesen Respekt vor ihnen. Die nächsten Minuten schaue ich mich immer wieder um damit mich nicht nochmal eines überrascht. Es läuft sich heute sehr entspannt – was auch dem niedrigen Tempo geschuldet ist. Selbst als ich gegen viertel Zehn wieder zuhause ankomme ist es noch warm, der Himmel noch leicht blau. Es ist Sommer!

Achja, 10,5 in 70. Also wirklich sehr, sehr gemütlich.

Heute war ein durchwachsener Tag. Bin mit meiner Diplomarbeit vorangekommen aber nicht so richtig. Wollte eigentlich Abends nochmal so richtig Gas geben aber habe schnell gemerkt, dass das nichts wird. Also realistisch sein und dem Kopf eine Pause gönnen. Joggen gehen. Laufhose anziehen. Pulsuhr anlegen. MP3 Player / Radio nehmen (normal laufe ich ohne Musik) . Schuhe zuschnüren. Loslaufen. Es ist 20.30 Uhr. Plan ist eine neue Ortschaft südlich zu erlaufen. Leider habe ich keinen Plan was für ein Waldweg dorthin führt. aber man kann ja Stückweise vorgehen. Im Radio läuft gerade irgendwas von Faithless. Viel, viel zu hektische Musik für mich. Vielleicht, nein ganz sicher hätte Gebrselassi seinen helle Freude daran aber mich zwingt es zum überpushen. Also SWR1 reingemacht. Heutiges Special „Die armen Bauern“ welches zwischen der Musik diskutiert wird. Warum nicht. Hauptsache ich höre was während dem laufen. Weil ich nicht weiß wie ich am besten in den neuen Ort kommt geht es erst in den Ort dazwischen – ein typisches, langgezogenes Waldhufendorf. Die Hauptstraße ist beinahe 1 Kilometer lang, auf der linken Seite stehen nur am Anfang und Ende ein paar Häuser, ansonsten stehen alle Häuser (und Nebensträßchen, vielleicht 4 Stück insgesamt) auf der rechten Seite (Talaufwärts). So fährt man mit dem Auto fahren wenn ich zum nächsten Ort will. Leider sehe ich bei der nächsten Kreisstraße nur einen Wanderweg welcher in die „falsche“ Richtung geht. Aber es ist ein Wanderweg und auf der Straße joggen muss nicht sein. Also geht es weiter. Planänderung. Schauen wohin es läuft. Der Weg ist bescheiden. Zuerst liegen viele, viele zu viele, eigentlich ausschließlich faustgroße Steine auf dem ganzen Weg, kein Stück Waldboden oder Grünstreifen in der Mitte. Danach kommt Waldboden aber die Fläche links und rechts vom Waldweg ist vom schweren Gerät zerstört.  Zwar ist alles gut ausgebessert, also keine Furchen von den Reifen aber es sieht nicht schön aus. Und dann wird es urtümlich. Es ist immer noch ein ausgeschriebener Weg aber komplett mit Gras zugewachsen. Höhenunterschiede. Aufpassen beim Laufen. Ja nicht umknicken und sich verletzen. Aber es ist schön. So langsam könnte ich mal etwas trinken aber leider habe ich nichts dabei. Bis jetzt sind es etwa 8 Kilometer und ich muss ja noch heimlaufen. Es geht aus dem Wald heraus an einem Waldspielplatz vorbei. Früher, zu Grundschulzeiten, gab es hin und wieder Ausflüge zu diesem Grill- und Spielplatz. Im Radio erzählt eine 57-jährige Bäuerin sehr stolz, dass sie von 45 Milchkühen nicht mehr gut leben konnten und seitdem Ziegenkäse produzieren was zwar aufwendiger ist aber auch mehr Geld einbringt. Haben nun 200 Ziegen. Was das wohl manchmal für ein Gemecker ist. Ich laufe durch den Hauptort. Gehwege und Straßen sind doch total bescheiden. Aus Zeiteffizienzgründen entscheide ich mich dafür auf dem direkten Weg heimzulaufen. Radwege entlang der Kreisstraßen. Ich biege nochmals rechts ab und laufe einen Teil der Strecke meines ersten Volkslaufs rückwärts ab. Nun reicht es aber wirklich. Im Radio ist das Bauernthema beinahe durch. Neuigkeiten gab es nicht. Subventionen sprudeln nicht mehr wie früher aber sie sind wichtig für unsere Kulturlandschaft, sie exportieren 40% ihrer Produkte heute schon ins Ausland und sie müssen sich verändern sonst gehen sie bankrott. Toll. Um 22 Uhr bin ich wieder daheim. Es ist immer noch angenehm. Insgesamt waren es 16 in 91. Beinahe etwas zu schnell.

Leider werden es diese Woche die beiden einzigen Touren bleiben. Morgen und übermorgen habe ich keine Zeit. Aber schön, schön waren beide Touren. Und die Idee mit dem Aussichtsturm ist auch neu. Und mit Musik joggen ist nicht meins. Perfekt. Das Leben ist schön.

2 thoughts on “Wenn es Abend wird”

  1. Ich finde, dass alle Touren ihre Vorteile haben, egal, ob es gerade unspektakulär oder gerade spektakulär ist. Wenn es eben nichts zu sehen gibt, kann man sich voll und ganz auf sich und seine Gedanken konzentrieren – ist doch auch etwas Schönes!

  2. Für mich sind es die schönsten Läufe. Läufe bei denen man unterwegs überlegt noch ne Schleife dranzuhängen weil es so gut läuft.
    Zeit zum Nachdenken.
    Nur bin ich eher der „ganz-früh-Morgens-Typ“ zum Laufen. Abends ist es mir einfach zu warm!
    Viel Spaß weiterhin beim Laufen!

    Gruß Gerd
    Übrigens eine schicke Seite! Gefällt mir von der Aufmachung prima. Muss ich wohl öfters mal reinschauen! 😉

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